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Kein anderer Dichter des Poetischen Realismus hat sich so intensiv mit dem Erbe der Romantik beschäftigt wie Theodor Storm. Lebenslang hat er die Spannung zwischen ihren Sehnsuchtsbildern und den Desillusionierungen des Realismus immer von neuem auszutragen versucht. Das geschieht vor allem in den vielfältigen Verwandlungen einer zentralen romantischen Idee: der Verklärung des Kindes zum Ideal eines reinen, unschuldigen und ursprünglich-paradiesischen Daseins. "Wo Kinder sind, da ist Goldenes Zeitalter", hatte Novalis 1798 verkündet. "Die Spur von meinen Kinderfüßen sucht" ich", heißt es in einem von Storms programmatischen Gedichten, "Doch konnt" ich sie nicht finden." Immer wieder kann man in Storms Werk diesem Leitbild begegnen, in dem sich die epochalen Verwerfungen zwischen Romantik und Realismus mit sehr persönlichen Phantasien, Ängsten und Obsessionen berühren. Von Beginn an begibt sich das Werk dieses großen Realisten auf die romantische Suche nach der verlorenen Kindheit. In Heinrich Deterings faszinierender Studie geht es um die unterschiedlichen Perspektiven, in denen diese Suche Storms Werk bestimmt, und um die Erschütterungen, in denen sie literarisch produktiv wird: im Schreiben über Poetik und Psychologie, Politik und Religion, Autobiographie und Kunst.