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Der Briefwechsel zwischen Hilde Domin und Erich Fried widerspiegelt auf exemplarische Weise zwei grundsätzlich verschiedene Auffassungen der Rolle des Schriftstellers gegenüber der Politik und der Gesellschaft. Aus heutiger Sicht umso bemerkenswerter erscheint die im Briefwechsel sowie öffentlich geführte Diskussion, als sie jeweils von der Aufarbeitung der Exilerfahrung ausgeht, dabei die wichtigsten Fragen des ausgehenden 20. Jahrhunderts thematisiert, jedoch zu unterschiedlichen ästhetischen und somit politischen Folgerungen und Forderungen kommt.
Im Briefwechsel mit Erich Fried bespricht Domin ihre Auffassung von Literatur und Lyrik an prominenten Beispielen, etwa an der »Todesfuge« Paul Celans. Die Diskussion, die sich um die Aufnahme des berühmten Gedichts in den Sammelband »Nachkrieg und Unfrieden« (1970) entfachte, liefert einen kostbaren Beitrag zur Definition von Lyrik und ihrer Funktion in unserer Gesellschaft. Gerade Domins Optimismus, d.h. die Zuversicht, dass im Nachkriegsdeutschland eine systematische kollektive und individuelle Aufarbeitung stattfinden würde, fehlte bezeichnenderweise bei Erich Fried. In seinem lyrischen Werk und seinen Anreden prangert Fried bis zum Schluss klar und deutlich bestimmte Sachlagen und deren Verantwortliche an, so auch anlässlich seiner Rede zur Verleihung des Büchner-Preises (1987).