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1910 wird die in Surrey geborene, damals 30-jährige Alice Frith vom jüdischen Großindustriellen Rudolf von Gutmann nach Wien engagiert. Sie unterrichtet die Töchter Lorle und Trude, und als Trude 1924 einen Nachfahren des Ringstraßen-Architekten Ferstel heiratet, folgt ihr die ehemalige Gouvernante in die neue Familie. In deren Haus in Wien-Grinzing verfasst sie ein Tagebuch, in dem sie die traumatischen Ereignisse der letzten neun Monate des Zweiten Weltkriegs mit großer Empathie festhält.
Dort dokumentiert sie nicht nur die bewegten Schicksale der Mitglieder jener drei Familien, mit denen sie verbunden war, sondern beschreibt auch authentisch die Folgen des Krieges auf das tägliche Leben und die Bewohner von Grinzing. Darüber hinaus registriert sie aufmerksam die schrecklichen Kriegsereignisse in anderen Teilen der Stadt, in Österreich und teilweise auch in anderen Ländern ebenso, wie das schlimme Los der Flüchtlingsströme. Hilflos und völlig allein ist sie dem bedrohlichen Näherkommen des Bombardements sowie am Ende den einrückenden Sowjetsoldaten ausgeliefert, doch trotz dieser widrigen Umstände bewahrt sie sich ihren trockenen englischen Humor, der im Tagebuch immer wieder zu Tage tritt. Außergewöhnlich ist auch ihre sowohl englische als auch österreichische Sicht auf die Geschehnisse, die der Verfasserin einen gleichsam "neutralen" Blick erlauben.
In diesem zweisprachigen Band liegt nun erstmals eine wissenschaftliche kritische Edition des Tagebuches von Alice Frith vor, die eine genaue Wiedergabe aller Aspekte des Tagebuches mit erläuterndem Kommentar und erläuternder Interpretation sämtlicher aufgeworfener Fragen und Probleme sowie die biographische, historische, gattungsgemäße und sprachliche Einordnung und Kontextualisierung liefert.