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Führt die neuzeitliche Individualisierung zur Subjektwerdung oder stehen wir im schleichenden Umbruch vom Gemeinschaftsmenschen zum egozentrischen 'Selfie' des Anthropozäns? Nach verschiedenen Befreiungsversuchen betreibt der postmoderne Mensch seine digitale und ökonomische Selbstinthronisation an die Stelle des 'toten Gottes'. Diesem komplexen Prozess von Selbstermächtigung und Selbstunterwerfung ist zugleich seit der Christus-Theologie des Paulus und der Reformation das Gegenmodell von Subjekt-Werdung eingeschrieben: das paradoxe Widerfahrnis von Verpflichtung und Freiheitserfahrung. Dieses Paradox der Universalität des Christus-Geschehens und gleichzeitiger Singularität des glaubenden Individuums entlarvt die vornehmlich psychotherapeutischen Identitätskonzepte und Fundamentalismen für Subjekt-Werdung als naturalistische, bewusstseinsgebundene, vereindeutigende Fehlversuche. Beispiele aus Theologie, Philosophie, Kunst, Mode und Bildung zeigen diesen Widerstreit einer fatalen Egozentrik und einer Subjekt-Werdung, die asymmetrisch vom Anderen, von Gott, ausgeht als Paradox von Verpflichtetwerden und gleichzeitigem Versetztwerden in Freiheit.