"Wielands Übersetzungen stellen einen Höhepunkt in der gesamten Geschichte der Übersetzungskultur dar. Das Geschäft des Übersetzens wurde Wieland in seinen letzten Lebensjahren mehr und mehr zur Hauptaufgabe: »Aber mir selbst gewährt diese Arbeit den schönsten Lebensgenuß, dessen ich in einem so weit vorgerückten Alter noch fähig bin«, schreibt er 1807 anläßlich seiner Cicero-Übertragung an Friedrich von Müller. Schon in den achtziger Jahren des vorausgehenden Jahrhunderts hatte Wieland sich der Übersetzung eines antiken Autors angenommen, der ihm seit der Jugendzeit ein Lieblingsdichter war: Horaz. Gerade die Briefe und Satiren des Horaz, ein herausragendes Beispiel römischer Gesellschaftsdichtung, gaben dem >gesellschaftlichen Schriftsteller< Wieland Gelegenheit, seinen unübertroffenen Spürsinn für die jeweils sich andeutenden zwischenmenschlichen Beziehungen zu bewähren. Wielands Übersetzungskunst zeigt größte Flexibilität, größte Freiheit, größte Vielfalt der Mittel; ihr Repertoire reicht von scharf zupackender Wörtlichkeit über die behagliche Paraphrase bis zur eingearbeiteten Interpretation und wirkt doch stets wie aus einem Guß."