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In der Welt der Psychologie und der Schule ist Aebli als der Herausgeber und Fortsetzer des Werkes von Jean Piaget, als Kognitionspsychologe und als Didaktiker der »Grundformen des Lehrens« bekannt. In diesem Buch tritt uns ein anderer Aebli entgegen. An den Wissenschaftler erinnert nur noch die Präzision seiner Beschreibungen. Aber seine Rolle und seine Befindlichkeit ist eine andere. Aebli ist hier der Wanderer, der mit seiner Frau Verena zusammen drei Monate lang alles Seinige in einem sechs Kilogramm schweren Rucksack mit sich trägt, den Weg durch eine unbekannte Landschaft sucht, alle möglichen Abenteuer erlebt, aber auch Gespräche mit den Bauern am Wege und mit Pilgerfreunden führt. Wir erfahren, wie im Geiste der beiden Wanderer das Mittelalter wieder auflebt und wie sie die Menschen zu verstehen beginnen, die die Kirchen am Jakobsweg bauten und die einst zu Hunderttausenden zum Grabe des Apostels Jakob nach Santiago de Compostela wanderten.
Im Verlaufe der sechzig Wandertage wird allmählich auch sichtbar, welche Beweggründe die beiden modernen Pilger treiben: sicher ein Stück Abenteuerlust und Freude an der Bewältigung all der unvorhergesehenen Probleme einer Fußreise, dann aber immer deutlicher auch die Tiefenschichten ihrer Motivation: die Aufarbeitung der eigenen geistigen Geschichte, letztlich wohl jene Sehnsucht, die Aebli eine »augustinische« nennt: das Suchen nach dem einfachen und dem richtigen Leben und nach einer visionären Stadt, in der die Seele ihre Heimat findet.
Der Autor ist ein guter Kenner der Geschichte des Jakobsweges. Die sachlichen Informationen werden jedoch nicht wie in einem Sachbuch systematisch dargestellt; sie fließen natürlich in die Beschreibung der sechzig Wandertage und der eingeschobenen Ruhetage ein. Immer wieder kommt auch der Humor zu seinem Recht, etwa dort, wo die Wanderer eine leere Schachtel mit Rössli- Stumpen am Wegrand finden und über ihre Herkunft sinnieren oder dort, wo eine Ordensschwester Aebli das spanische Buchstabieren lehrt. Jeder Pilger, der das Unternehmen der 1500-Kilometer-Wanderung seinerseits versuchen möchte, erfährt hier, was er zu erwarten hat.