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Weltweit stehen Gesellschaften heute vor der Herausforderung des demographischen Wandels. Die so genannte Überalterung der Gesellschaft verlangt nach einer Neubesinnung auf das Verständnis der Lebensphase des Alters. Noch wird die Zugehörigkeit des Alters zum Leben weitgehend verdrängt. Alter gilt als defizitäres Minderleben. Der Reichtum einer ganzen Lebensphase wird damit verspielt, Alter wird als "uneigentliches Leben" abgewertet.
Der Gegensatz zwischen Leben und Alter wird verstärkt durch die gesellschaftliche Ausgrenzung der Alten aus dem Berufs- und Produktionsprozess sowie durch die gleichzeitige Beurteilung alter Menschen nach den Maßstäben der Arbeits- und Leistungsgesellschaft. Alte Menschen gelten als nicht mehr produktiv und leistungsfähig. Sie sind die "Generation-Nicht-Mehr". Das ist ihr Schicksal.
Gerontologen propagieren Produktivität als Heilmittel gegen die finanziellen Belastungen durch die Alten und gegen den Abbau individueller Kräfte im Alter. Wer produktiv ist, lebt besser und länger. Auch im Alter darf aber die Tyrannei von Erfolg und Gelingen nicht beherrschend werden.
Die christliche Tradition enthält ein Verständnis des Lebens, das allen Menschen Lebensspielräume auch jenseits des Berufslebens eröffnet. Leben ist nicht nur Leistung, Leben-Müssen, sondern auch Leben-Dürfen.
Alter ist Schicksal mit vielen Beschwerlichkeiten und dennoch zugleich Gnade, Leben, das sich als Geschenk ohne Bedingungen erschließen kann. Man kann sich eine altersintegrierte Gesellschaft vorstellen, in der Leben im Kontext des Realismus der Barmherzigkeit verstanden wird. Erbarmen gewährt Raum und Zeit vor aller Leistung. Gottes Geschichte trägt menschliches Leben in allen Stadien und in allen Phasen von Kraft oder Schwäche vom ersten bis zum letzten Atemzug.