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Nedim Gürsel, Jahrgang 1951, erzählt von der eigenen Kindheit, die er bei den Großeltern in Manisa in der Türkei verlebte. Der Großvater führt Nedim in die Welt des Islam ein. Er tut es sanft und menschlich. Trotzdem beschäftigen und plagen den Jungen die Rätsel, Wunder und Legenden der Religion - von denen Gürsel ebenfalls erzählt: von der »Kindheit« des Islam, in der »Allahs Töchter« dem Kampf Mohammeds für den einen Gott zu weichen haben. In einer Mischung aus Bedauern, Eifersucht, Neid und Faszination läßt er Lat, Manat und Uzza - so heißen die drei weiblichen Götzen - aus der Kaaba in Mekka berichten. Der Großvater diente im Ersten Weltkrieg »nebenan«, in Medina, als Soldat. Aus seinen Erinnerungen erfahren wir mehr über den Untergang des Osmanischen Reichs, über Geburtswehen und »Kindheit« der modernen Türkei. Muslime kämpften gegen Muslime, Türken gegen Araber und Engländer ...
Das alles ist aktuellste Vorgeschichte der Gegenwart, in der uns der Islam in manchen Erscheinungen absolut und bedrohlich begegnet. Fast unter der Hand führt Gürsels Geschichtenerzählen zu einer menschlich relativierenden Betrachtungsweise. (Übrigens ist, wovon der Autor die Töchter Allahs singen und klagen läßt, zwar überraschend und wenig bekannt, es entstammt jedoch der islamischen Überlieferung - weshalb von Blasphemie nicht die Rede sein kann.)
Einnehmend, phantastisch und erhellend ist Nedim Gürsels weit in die Vergangenheit - bis zu Allahs Töchtern - ausgreifender Entwicklungsroman eines türkischen Jungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts.