Eine Art gesprochenes Bekenntnis ist dieser Roman, die Geschichte der Júlia Grei. Júlia Grei, junge Witwe eines wesentlich älteren Bildhauers, den sie als Kunststudentin kennengelernt hatte, ist Mutter eines zehnjährigen Jungen. Sie arbeitet in einer Buchhandlung und näht in der Freizeit Stoffpuppen. Die Entwicklung, die sie in dem Roman durchmacht - von der eigensinnigen, aber hilflosen Frau zur sich wehrenden, sich selbst findenden -, vollzieht sich innerhalb eines bunten Kreises von Freunden und Liebhabern. Da ist vor allem die lebenstüchtige, etwas undurchschaubare Freundin und Rivalin Anabela; da ist der Geliebte Artur, ein Intellektueller; oder der Verehrer Saraiva in seiner bourgeoisen Selbstzufriedenheit - alle wollen sie Einfluß auf Júlia nehmen, die ihren eigenen Weg zu finden hofft. Und jede Gestalt wird dabei durchleuchtet und gewinnt eigenständiges Leben, selbst Randfiguren wie einzelne "Freier", die Júlia in ihrem Drang, sich von inneren Zwängen zu befreien, als Prostituierte trifft. Die Szene ist Lissabon Anfang der achtziger Jahre, und immer wieder klingt die Ernüchterung durch, der die Hochstimmung der "Nelkenrevolution" Platz gemacht hat. Eine politische Atmosphäre also, in der sich Júlia Greis unruhige Geschichte abspielt, und das hebt den Roman, obwohl thematisch durchaus ein "Frauenbuch", weit über diesen Rahmen hinaus.