Traumkurs: Erzählung

Sebastian, 19 Jahre, aus einer deutsch-chilenischen Familie, hat eine Technik entwickelt, mit seinen Einschlafschwierigkeiten fertig zu werden. Wo immer er sich befindet, sorgt er dafür, daß seine Füße am Bettende Widerstand finden, so stößt er sich ab - in den gelenkten Traum einer Raketenfahrt in den Weltraum. Er überwindet die Absperrungen, wird auf eine Erdumlaufbahn geschossen. Man versucht, ihn zur Rückkehr zu bewegen, aber er löst sich aus der Umlaufbahn und startet zu einer Reise ins All. Er hat sich an Bord orientiert, richtet sich ein auf eine möglichst lange Reise. Also reduziert er seinen Verbrauch: an Sauerstoff, an Nahrungsmitteln, an Energie. Zeitlos, schwerelos, abgemagert gerät er in einen leichten Dämmer, in einen Zustand zwischen Wachen und Schlaf. Er erinnert sich an seine Kindheit, an den im Auftrag deutscher Farbwerke herumvagabundierenden Vater, der als Sicherheitsexperte mit Kriegserfahrung jahrelang in Lateinamerika eingesetzt worden ist; an die Heimatlosigkeit seiner Familie, an die Migräne seiner chilenischen Mutter, an seine Schwestern und an die eigenen Ausbruchsversuche. Die Einschlafschwierigkeiten stellen sich auch an Bord wieder ein. Um Widerstand, Halt zu finden, muß er beschleunigen, die Schwerelosigkeit verlassen. Der Energieverbrauch aber gefährdet die Autarkie. Irgendwann, fast unbemerkt, wird der Traumkurs unterbrochen. Die Rakete hat sich auf den Rückweg gemacht. Funksprüche erreichen Sebastian, er bekommt Landeanweisungen. Junker hat aus der Studie eines magersüchtigen jungen Mannes eine spannende Geschichte mit parabelhaften Zügen gemacht.