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In der nationalsozialistischen Medizin war das ärztliche Ethos vom Heilen in sein Gegenteil, in das der Vernichtung verkehrt worden. Die Mitglieder der medizinischen Fakultäten waren so weit in das NS-System eingebunden, dass zahlreiche Professoren und Dozenten 1946/47 zu den Angeklagten des Nürnberger Ärzteprozesses gehörten.
Die politischen Machthaber stießen auf die bereitwillige Unterstützung der medizinischen Wissenschaft. Sie lieferte Kriterien für die Differenzierung zwischen als "höherwertig" und "lebensunwert" kategorisierten Men-schen, für Rassenbiologie und Rassenhygiene, für Zwangssterilisierung und Menschenversuche.
Das vorliegende Buch befasst sich mit diesem Thema am Beispiel der angesehensten deutschen Klinik ihrer Zeit, der Charité. Zu ihren herausragenden Gestalten gehörte der Chirurg Ferdinand Sauerbruch. Er hatte viele prominente Patienten; unter ihnen befand sich 1943 auch der Kopf
des militärischen Widerstandes gegen Hitler, Generaloberst Beck.
Gegenstand des Buches, das exemplarischen Charakter beanspruchen kann, sind die Mitglieder der Berliner Medizinischen Fakultät, an die schon vor 1933 die berühmtesten Ärzte und Wissenschaftler des Deutschen Reiches berufen worden waren. Sie stützten die Ziele nationalsozialistischer Gesundheits- und Hochschulpolitik und beteiligten sich freiwillig und aktiv an menschenverachtenden und menschenvernichtenden Forschungen im Zeichen des "wissenschaftlichen Fortschritts".
Kritisch dargestellt werden u.a. das wissenschaftspolitische Engagement Ferdinand Sauerbruchs, das eugenische Denken des Gynäkologen Walter Stoeckel, die Untersuchungen an Hingerichteten durch Hermann Stieve, die Vorstellungen zu Sterilisation und "Euthanasie" der Psychiater Karl Bonhoeffer und Maximinian de Crinis, die menschenverachtenden Versuche Georg Bessaus an Kindern, aber auch die liberale Weltanschauung des Pharmakologen Wolfgang Heubner.