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Aus der Alltagserfahrung wissen wir, dal3 gesellschaftliches Zusam menleben sich in dauerhaften und 'verUi. l3lichen' Formen abzuspielen pflegt; wir wissen aber auch, dal3 die sozialen Lebensformen wandelbar sind. Fur diesen zugleich statischen und dynamischen Charakter der ge sellschaftlichen Existenzbedingungen des Menschen hat es im Verlauf der Geistesgeschichte eine Vielzahl von (mehr oder minder spekulati yen) ErkUi. rungsversuchen gegeben. Eine eigenstiindige gesellschafts wissenschaftliche Fachdisziplin ist daraus freilich nicht entstanden. Denn derartige Erkliirungsversuche mul3ten fUr die praktische Lebens fiihrung der Menschen solange ziemlich bedeutungslos bleiben, wie die Frage nach Stabilitiit und Wandel der sozio-kulturellen Verhiiltnisse kaum als wirklichkeitsnahes Problem erfahren werden konnte. Das war zweifellos im vorindustriellen Europa der Fall, dessen Gesellschaft und Kultur vielfach als relativ 'stabil' bezeichnet wird, weil der sozio kulturelle Wandel dort in seiner Rhythmik so sehr verlangsamt war, . dal3 er aus der Perspektive der betroffenen Menschen kaum als fUr sie be deutungsvoll erkannt werden konnte. Unter den damaligen Umstiinden mochte es wohl fUr die 'Beherrschten' ebenso wie fUr die 'Herrschen den' genUgen, wenn die Existenz der bestehenden sozio-kulturellen Ord nung mit dem Hinweis auf unUberpriifbare Ursa chen, wie etwa die 'Vor sehung', das 'g6ttliche' oder das 'natUrliche Recht' , die 'Geschichte' oder auch einfach das 'Schicksal' erkliirt und gerechtfertigt wurde. Der artigen Erkliirungs- (oder Beschwichtigungs-) Versuchen ist die Grund annahme gemeinsam, dal3 die ubergrol3e Mehrzahl der Menschen den sozio-kulturellen Gegebenheiten ohnmiichtig ausgeliefert sei. Etwa seit dem Ende des 18.