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Die Geschwister Mozart lebten in einer Zeit großer Umbrüche und Veränderungen. Während die Emanzipationsbewegungen des Bürgertums aufgeklärtes Gedankengut und neue Lebensentwürfe für den Mann eröffnen, wird die Frau kulturell »ausgebürgert«. Wolfgang befreit sich vom väterlichen Zwang und geht in Wien eigene Wege, die ihn auf die höchsten Höhen der musikalischen Welt führen, derweil seine Schwester Nannerl im Salzburger Elternhaus das Gesinde beaufsichtigt und Hausmusik pflegt. Als die Dreiunddreißigjährige einen Witwer heiratet, muß sie beweisen, daß sie eine »virgo intacta« ist: Der für Frauen geltende Tugendbegriff spricht ihr Sinnlichkeit und Lebendigkeit ab. Alle Eigenschaften, die zum künstlerischen Schaffen notwendig sind: Freiräume, Lebenserfahrung, öffentliche Anerkennung und berufliche Tätigkeit, sind ihr als Frau verwehrt; jedes Aufbegehren ist von vornherein ausgeschlossen. Während Nannerl auf eine eigene Lebensgestaltung verzichtet, nimmt Wolfgang den Kampf gegen die väterliche Autorität und gegen die Enge seiner bisherigen Existenz erfolgreich auf. Die Musikgeschichtsschreibung hat diese so unterschiedlichen Lebenswege von Mann und Frau als naturgegeben hingenommen. Nannerls angebliche Opferhaltung wird gelobt, doch gilt sie auch als »kleinlich, selbstsüchtig, farblos, gekränkt, engherzig und verbittert«, als das »ewige gehorsame kleine Mädchen«.