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Die Verfasserin untersucht den Werkcharakter und die Textgeschichte der libri disputationum des spätklassischen Juristen Claudius Tryphoninus, einer bislang wenig beachteten, zu Beginn des dritten Jahrhunderts n. Chr. verfaßten römischen Juristenschrift. Ein Werk gleichen Titels ist nur noch von Ulpian bekannt. Nach dem Werktitel hat man vermutet, daß den libri disputationum streitige Erörterungen zugrunde lagen. Sie werden den quaestiones an die Seite gestellt, sollen aber deutlicher als diese den Ursprung im Rechtsunterricht erkennen lassen. Nach verbreiteter Auffassung zeigen die in den Digesten überlieferten Fragmente tiefe Spuren nachklassischer Überarbeitung; vereinzelt wird Tryphonins Urheberschaft überhaupt in Zweifel gezogen.
Die Untersuchung besteht im Haupteil aus ausführlichen Exegesen einer repräsentativen Auswahl der überlieferten Digestenfragmente. Ihre Gliederung bestimmen formale Kriterien, da sich die Texte durchweg mehr oder weniger festen, nach ihren jeweiligen Eigentümlichkeiten benannten Darstellungsformen zuordnen lassen (Traktate, Kommentare, Distinktionen, Dialoge). Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, daß die libri disputationum nicht für die juristische Praxis bestimmt sind. Sie verfolgen vielmehr theoretische Absichten und sind Beiträge zur gelehrten Diskussion. Ihr Interesse ist Rechtserkenntnis, ihr Medium die Fallerörterung. Daneben ist auch ein pädagogisches Interesse nicht zu übersehen, so daß die libri disputationum zugleich eine anspruchsvolle juristisch-pädagogische Anleitung darstellen. Nicht bestätigt wird die extreme Kritik der überlieferten Texte. Zwar ist Tryphonins Text weder in den dreihundert Jahren vor der justinianischen Kompilation noch bei deren Herstellung unberührt geblieben. Von einer tiefgreifenden Überarbeitung oder gar vollkommenen Umgestaltung des klassischen Textes kann jedoch keine Rede sein.