Auf der Suche nach seiner städtebaulichen Zukunft versichert sich die Berliner Architektur immer wieder ihrer preußischen Bautradition. Allzu oft bleibt der Rekurs jedoch in ahistorischen Bewertungen stecken, wird das Spezifikum der preußischen Bautradition nicht erfaßt. In welchem Maße, warum und wie von der preußischen Bauverwaltung des
- und 19. Jahrhunderts nachhaltige organisatorische, technologische und ästhetische Innovationen ausgegangen sind, macht erst die fundierte Rekonstruktion des seinerzeitigen Bezugsrahmens nachvollziehbar.
Zu Beginn des
- Jahrhunderts genügte der traditionsgeleitete Baubetrieb immer weniger den neuen architektonischen Herausforderungen. Sie manifestierten sich durch den Einfluß einer bislang so nicht gekannnten ökonomischen Vernunft zunächst im Ämter-, Kameral- und Ökonomiebau. Zur Lösung der neuen Aufgaben wurde zunehmend mathematisches Wissen erforderlich. Dies zog einen administrativen Neuaufbau Preußens mit sich - einschließlich neuer behördlicher Organisationsformen. Erstmals normierte man bauliche Standards und organisierte ihre Wissensvermittlung dauerhaft. Die Verständigung über öffentliches Bauen wurde zum öffentlichen Anliegen. Aus diesem bislang wenig beachteten Blickwinkel ergeben sich neue Zusammenhänge. Gleichsam erschließt sich, wieso die preußische Baugeschichte in ihrer damaligen Modernität über Preußen hinaus Maßstäbe setzen konnte.
Die Bestände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz beinhalten eine Fülle kostbarer schriftlicher Dokumente, die bislang zu großen Teilen noch nicht systematisch ausgewertet worden sind und auch Aufschluß über die Architekturgeschichte geben: Gutachten und Ausarbeitungen Schinkels und Gillys, Lehrbücher, Ämterpläne, Avertissements, Prüfungsordnungen, Entwürfe zu Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden, Städtebau, Chausseebaureglements, Planung von Dampfwagenstraßen, Auszüge aus Reiseprotokollen, Vorlesungen und Bauzeitschriften.
Nach Sichtung und Systematisierung