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Lüritz gibt es nicht. Aber es gibt die malerische ostdeutsche Kleinstadt, die sich hinter diesem Namen verbirgt, und es gibt das große Gerichtsgebäude, in dem heute das Amtsgericht sitzt und in dessen Kellern Inga Markovits den Aktenschatz fand, der zur Grundlage für dieses Buch wurde. Die Ein- und Ausgänge einer vierzigjährigen sozialistischen Gerichtspraxis waren - mangels Personal - einfach gebündelt und weggeräumt worden: Haftbefehle und Bürgerschreiben, Arbeitspläne und Richternotizen, Anweisungen von oben und Anfragen von unten, Dienstliches und Menschliches. Die Rechtshistorikerin, die wissen wollte, welche Rolle das Recht der DDR denn nun im Leben seiner Bürger spielte, war bei ihrer Spurensuche auf Gold gestoßen.
Lüritz ist nicht Berlin. Aber die Rechtsgeschichte, die die Verfasserin aus ihren Aktenstudien und vielen Interviews mit Lüritzer Rechtshonoratioren und Bürgern kondensiert hat, mag der Alltagswirklichkeit des Rechts in der DDR näher kommen, als der SED lieb gewesen wäre. Markovits verteufelt nicht und beschönigt nicht. Statt dessen zeichnet sie mit viel menschlichem Einfühlungsvermögen die Entwicklungslinien eines Rechtssystems, das mit den Hoffnungen einiger weniger begann und unter der Last der Enttäuschungen vieler zugrunde ging.
Inga Markovits ist Juraprofessorin an der University of Texas in Austin, USA. Bei C.H. Beck ist von ihr erschienen: Die Abwicklung. Ein Tagebuch zum Ende der DDR-Justiz (1993).