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Mit seinem großen Spätwerk "Gedächtnis, Geschichte, Vergessen" hat Paul Ricoeur aufs Neue die Frage aufgeworfen, wie eine zeitgemäße philosophische Theorie der Geschichte heute denkbar wäre. Seiner Überzeugung nach muss eine solche Theorie sowohl den Strukturen gelebter Geschichtlichkeit als auch deren wissenschaftlicher Thematisierung und dem möglichst maßvollen politischen Gebrauch, den man von Geschichte macht, Rechnung tragen. Im Zeichen einer in Stücke gegangenen Geschichte analysiert er, was es heute bedeutet, geschichtlich zu existieren: zwischen eminent gewaltsamer Vergangenheit, die geschichtlich bezeugt wird, und dem menschlichen Wunsch nach versöhnendem Vergessen. Ricoeur hält den Wunsch nach einem moralischen Vergessen für unverzichtbar, das bezeugte Vergangenheit bewahrt und nicht etwa liquidiert. Zugleich verlangt er, diesen Wunsch mit einer dem Anschein nach unversöhnbaren geschichtlichen Wirklichkeit zu konfrontieren. Dieser Band bringt eine Vielzahl aktueller Auseinandersetzungen mit dem von Ricoeur neu begründeten, derzeit avanciertesten Projekt eines philosophischen Geschichtsdenkens, das sich von der Rhetorik des Endes (der Geschichte und der Philosophie) nicht beeindrucken lässt.