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Dank seiner erzählerischen Radikalität ist dieser epochemachende Roman heute so brisant wie bei seinem Erscheinen im Jahre 1857, als er in Frankreich für Furore sorgte. «Eine Revolution in der Literatur. Das Leben selbst erschien. Man konnte glauben, dass selbst die leblosen Dinge aufstünden, als hätte eine unsichtbare Schöpferkraft sie beschworen.» (Guy de Maupassant)
«Madame Bovary» zählt längst zu den unangefochtenen Werken der Weltliteratur. Bei seinem Erscheinen löste der Roman jedoch wegen des angeblichen Verstoßes gegen die Moral einen Skandalprozess aus und war heiß umstritten. Gustave Flaubert (1821-1880) schrieb damals: «Die Moral, der Anstand, die Prinzipien sind für die Aufrechterhaltung der bestehenden Gesellschaftsordnung unentbehrliche Dinge. Aber zwischen der Gesellschaftsordnung und der Literatur besteht keine Gemeinschaft. Der Schriftsteller betrachtet die Seelen und die Herzen, er sucht in sie einzudringen und ihre Heimlichkeiten, ihre schmachvollen oder edlen Neigungen zu verstehen.» Der Prozess gegen Flaubert endete mit einem Freispruch.
Mit einem in der Literatur bis dahin noch nicht dagewesenen Fatalismus schildert der Roman das Schicksal einer verheirateten Frau in kleinstädtischer Lebenswelt, die von ihrer Sehnsucht nach der großen, romantischen Liebe zum Äußersten getrieben wird. Der Konflikt zwischen der nüchternen Wirklichkeit ihres Ehedaseins und den Träumen der Heldin, beherrscht von Leidenschaften, wird zusehends bedrohlicher, ohne dass sich irgendwo ein Ausweg aus der Bedrängnis abzeichnen würde. Mehr noch als am fatalen Verlauf der Handlung wurde daran Anstoß genommen, dass sich der Erzähler bis zum Ende aller moralischen Wertungen enthält.