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»Das politische Testament Bismarcks an das deutsche Volk, mit seltener Spannung seit Monaten erwartet, ist in den letzten Novembertagen ausgegeben worden; wie viele Tausende habe auch ich es, in der Lektüre nicht mehr enden könnend, verschlungen und eile, in diesen Blättern kurz darüber zu berichten [...]«
Gustav Schmoller, in: Über die »Gedanken und Erinnerungen« von Otto Fürst von Bismarck
Gustav Schmoller, der mitten im Ersten Weltkrieg am 27. Juli 1917 starb, zählte nicht nur zu den bekanntesten und bedeutendsten deutschen Gelehrten seiner Zeit, sondern auch zu den einflussreichsten Wissenschaftspolitikern des wilhelminischen Kaiserreichs. [...]
(Schmollers) genuine Wirklichkeitsnähe bedingte zugleich seine Zugehörigkeit zur politisch-wissenschaftlichen Elite des Kaiserreichs, und vor diesem Hintergrund wiederum war ihm in den verschiedensten Bereichen eine durchaus freiere, auch offenere Sprache möglich als manchen anderen Zeitgenossen [...]. Ein vielleicht besonders aufschlussreiches Beispiel gerade für diese Tatsache liefert Schmollers ausführliche Besprechung von Bismarcks »Gedanken und Erinnerungen«, die im Jahr 1898 nur wenige Wochen nach dem Tod des Altreichskanzlers erschienen und allgemein als öffentliche Sensation empfunden worden waren. [...]
Tatsächlich war es eben nicht lediglich ein Memoirenwerk, sondern vor allem auch eine Art »Lehrbuch der Politik«, das Bismarck mit seinen Memoiren zu schreiben beabsichtigt hatte, und Schmoller war der erste der vielen Rezensenten dieses Werkes, der eben dies sofort erkannt und auf den Begriff gebracht hat - nicht zuletzt hierin liegt die besondere Bedeutung seiner frühen Besprechung der »Gedanken und Erinnerungen«.
Aus dem Nachwort von Hans-Christof Kraus