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Gewöhnlich wird gesagt, Religion an sich sei gut, sie sei ein "Segen". Religion aber in der Ausübung durch die Gläubigen sei politisch mißbraucht, korrumpiert und ökonomischen wie psychosozialen Interessen unterworfen, und so werde sie zum "Fluch". Doch ist angesichts der bekannten Geschichte der Religionen diese simple Aufspaltung haltbar? Haben Religionen per se vielleicht doch Potentiale, die destruktiv sind und Gewaltbereitschaft fördern? Andererseits zeichnet sich in und auch durch Religionen die Befreiungsgeschichte des Menschen aus 'selbstverschuldeter Unmündigkeit' ab. Ängste vor naturhaften und psychischen Phänomenen werden religiös rituell bewältigt. Die Entdeckung der unbedingten Liebe Gottes begründet die Freiheit der menschlichen Person, die Geschöpflichkeit jedes Menschen begründet die Würde jedes einzelnen Lebewesens. Wie können diese ambivalenten, also mehrdeutigen Potentiale verstanden und so bewältigt werden, daß unter den Bedingungen des Zusammenwachsens der Menschheit destruktive Kräfte eingebunden und womöglich gezähmt werden?
Namhafte Religionswissenschaftler und Vertreter verschiedener Religionen haben sich diesen Fragen in einem Symposion der Freiberger-Stiftung gewidmet. Die in diesem Band versammelten Beiträge zu religiösen und theologischen Grundfragen und aktuellen Themen, zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten der Kulturen stellen selbst ein Modell interreligiösen Dialogs dar, der heute mehr denn je nötig ist.