Goebbels und die Juden.

"In Berlin brennen 5, dann 15 Synagogen ab. Als ich ins Hotel fahre, klirren die Fensterscheiben. Bravo! Bravo! Dieser Tote kommt das Judentum teuer zu stehen." Das notierte Joseph Goebbels am 10. November 1938 in seinem Tagebuch über die "Reichskristallnacht" und das voraufgegangene Attentat Herszel Grynszpans auf den Legationssekretär vom Rath. Zwei Jahre zuvor vertraute der Reichspropagandaminister dem Tagebuch seine Meinung über den Schriftsteller Emil Ludwig und dessen neuestes Buch an: "Ein gemeines, echt jüdisches Machwerk. Da kann man Antisemit werden, wenn man es nicht schon wäre". Daß Goebbels das war, ist nicht neu. Die persönlichen und politischen Hintergründe seines Antisemitismus jedoch sind bisher noch nie systematisch untersucht worden.

Das vorliegende Buch beschreibt erstmals zusammenhängend Goebbels' Haltung zu den Juden, die intellektuelle Entwicklung seiner Judenfeindschaft und die Funktion, die seine massenwirksame Rolle als Propagandist der Judenverfolgung für seine eigene Position im Machtgefüge der Partei und in der Politik des NS-Staates hatte.

Der Autor entwirrt ein komplexes Geflecht persönlicher wie politischer Motive und Interessen, die sich nicht ohne weiteres in ein einfaches Erklärungsmodell einbetten lassen, wie das bisherige Interpreten taten. Galt Goebbels den einen als machtbesessener, an der Judenfrage eigentlich uninteressierter Opportunist, so war er anderen ein Überzeugungstäter, ein hasserfüllter Rassenantisemit. Christian Barth entwirft mit Hilfe der Tagebücher Goebbels' und zahlreicher anderer Quellen ein differenzierteres Bild. Er ordnet Goebbels' antisemitisches Denken und Handeln in den großen Rahmen der NS- Judenpolitik ein, er macht Interdependenzen sichtbar und zeigt, welche Einflüsse andere NS-Führer auf Goebbels nahmen. Insbesondere die Bedeutung Hitlers ist hier hervorzuheben.

Ein Buch, das das biographische Profil Goebbels' schärfer umreißt und in wesentlichen Aspekten korrigiert.